Wie passiert morgen?
Wenn es von heute auf übermorgen radikal anders gedacht werden muss.
Wenn der Rahmen sich verschiebt und die Illusion eines legitimierten Raumes auffliegt.
Wie passiert das Gestern heute?
wenn bisher Begriffenes seine Selbstverständlichkeit verliert
sich eher, Unausrottbarem ähnlich, als im eigenen Körper umherirrende Fetzen erinnerter Bilder präsentiert.
Wenn das noch nicht Begriffene weder Sicherheit noch Gültigkeit bietet.Von solchen Verschiebungen ausgehend begreife ich meine Malerei als einen Akt des stetigen Um-und Neudenkens – eines Sortierens von erinnerten Bildern. In der späteren Betrachtung wird dieser Prozess selbst zu einem erinnerten Akt, der in das aktuell Gegebene eingreift, es überschreibt und somit verändert.Träger dieses Prozesses ist eine Figur - durchaus keine, die als eine bestimmte Person mit Haut und Haar identifiziert werden könnte. Manchmal lässt sie sich ausschnitthaft durch ihre eigenen Körperteile, wie Arme und Beine, oder Hände und Füße vertreten, die in diesem Fall nicht lediglich ihre Interaktion oder ihre Nichtinteraktion mit der Welt zeigen. Oder sie zirkuliert - irgendwo hineingeworfen / hineingeschüttet - im Chaos ihrer eigenen Formung und macht auf diese 'gefrorene' Weise auf eben jenen provisorischen Zustand aufmerksam. In Verschränkungen aus vielen Farbschichten oszillierend, spielt sie die Möglichkeiten ihrer eigenen Veränderung im Bild durch. Suchend, findend und wieder verlierend stellt sie das Vorhandensein einer eindeutigen, gleichbleibenden Identität in Frage.
Hierin ähnelt sie einer sprachlichen Notiz, die ergänzt, durchgestrichen und anders formuliert wird, um einen Gedanken zu fassen, der, an seinem vorläufigen Ende angelangt, nicht der gleiche sein wird, der er an seinem Anfang war.
Der eigentliche Ausgangspunkt, der Anstoß für meine malerische Auseinandersetzung mit einer Figur, die sich immer wieder neu positioniert, ist mein eigener 'Neubeginn', meine eigene 'Hinüber – Setzung' in ein anderes Land, eine andere Sprache und einen anderen Namen. Der konkrete Zeitpunkt und die konkrete Situation markieren einen Bruch, dessen Radikalität mir die Frage aufwirft: Was ist es, was da übergesetzt hat?Ein Körper mit Erinnerung
dessen Text sich ändern muss
Für mich..... haben das 'erinnerte Bild' und das 'gemalte Bild' viel miteinander zu tun.
Beide tauchen zwar im 'hier' und 'jetzt' auf, entspringen aber einem anderen zeitlich - räumlichem Kontext. Worüber sie berichten ist 'etwas' anderes als das, was gerade zugegen ist. Beide sind nicht 'objektiv' und jagen das Erlebte durch einen 'subjektiven' Filter - darin stimmen sie überein: Sie sind 'hausgemacht', da sie ihre Momente konstruieren, indem sie sie zwangsläufig mit realen und fiktionalen Elementen besetzen. Mit umgekehrtem Vorzeichen allerdings: Die Erinnerung - weil sie sich von Bild zu Bild voran tastet, um das 'so hat es sich abgespielt' zu generieren - um einen Zusammenhang in Unzusammenhängendes zu bringen. Das gemalte Bild hingegen unterläuft einem längeren Prozess des 'sich Abspielens' um ein Zeichen dafür zu sein und zu setzten 'so sehe ich es jetzt'.
Wenn die fraktale Natur unserer Erinnerung selbst der kontinuierlichen Konstruktion und der Transformation mit anderen Erinnerungsbildern unterliegt, wenn Bedeutungen und Deutungen sich verschieben, wenn das, was heute gilt, morgen in Frage gestellt werden muss, kann ich jede in einem Bild gemachte Feststellung nur als temporär betrachten und jedes gemalte Bild wird selbst zum Teil eines erinnerten Bildes, der das Gedachte neu strukturiert. Erst dann ist jener Verhandlungsspielraum eröffnet, der ein Umdenken möglich macht – eines, das nicht lediglich in kleinen Abwandlungen verstanden werden kann, sich vielmehr, von Zeit zu Zeit, in einer grundlegenden Infragestellung artikulieren muss – einem Aussortieren, Verwerfen, Zertrümmern des bisher Gültigen mitsamt seinen Sicherheiten und Legitimationen.Malerei wird in diesem Sinne zu einem Austragungsort, an dem sich die Gemeinsamkeiten und Paradoxien des gemalten Bildes und erinnerter Bilder treffen, um einen Zusammenhang zu schaffen, der in einer Art von schizophrenem Zustand immer real und fiktional zugleich sein wird.Agnes Mrowiec